Unsere Lebenswelten und Wirtschaftsformen befinden sich inmitten einer rasanten Technisierung. Schon die Anzahl technischer Geräte nimmt exponentiell zu, von deren Leistungsfähigkeit ganz zu schweigen. Damit stellen sich auch philosophische Fragen nach dem Wesen von Technik drängend und vor einem neuen Hintergrund.
Technik interpretiere ich vor allem als eine Haltung, als eine Beziehung zur eigenen Umwelt. Hier lehne ich mich an phänomenologisch geprägte Perspektiven an, wie diejenigen von Martin Heidegger, Leszek Kolakowski und Hartmut Rosa.
Aus einer technischen Haltung versuchen wir, die Umwelt an unsere Bedürfnisse anzupassen. In diesem Prozess überformen wir Natur durch Kultur. Ironischerweise wird die Umwelt oft gerade dadurch lebensfeindlicher. Mit Heizungen und Klimaanlagen schaffen wir eine angenehme Raumtemperatur, doch das globale Klima wendet sich als Konsequenz gegen uns. Die Veränderungen sind so drastisch, dass ein neues geologisches Zeitalter festgestellt wurde: das Anthropozän. Diese „Epoche des Menschen“ ist mit seinen Klimakatastrophen viel problematischer als das vorherige Erdzeitalter, das Holozän.
Das Vertrauen auf Technik bleibt indessen ungebrochen, mindestens strukturell gesehen. Der Klimawandel ist zwar ein Resultat unserer technischen Lebensweisen, doch retten sollen uns ausgerechnet neue, effizientere Technologien. Dieser Ansatz geht so weit, dass unter dem Schlagwort „Geoengineering“ direkte technische Eingriffe ins Erdsystem diskutiert werden. Eine solche Problemlösung allein durch Technologie, ein Technofix, klingt natürlich verlockend.
Doch es wird deutlich, wie zentrale Versprechen von Technik nach Hinten losgehen können. Nicht nur schlagen Versuche, Umwelten an den Menschen anzupassen oftmals ins Gegenteil um. Ein anderes Beispiel ist die Hoffnung, durch Technologie mehr Zeit zu gewinnen für das, was wirklich wichtig ist. So brachte José Ortega y Gasset auf den Punkt: „Technik ist die Anstrengung, Anstrengungen zu ersparen.“ Tatsächlich jedoch führen vermeintliche Entlastungen schnell zu Stress oder unnötigem Verwaltungsaufwand. Natürlich ist es einfacher und schneller, E-Mails und Kurznachrichten zu schreiben, statt Briefe. Aber gerade deshalb hat das Pensum so enorm zugenommen und ersticken manche Menschen regelrecht in der Flut von Nachrichten.
Viele mit Technologien verbundene Versprechen werden bei näherem Hinsehen also häufig nicht eingelöst. Daher halte ich es für wichtig, kritisch zu sein. Kritisch, aber nicht destruktiv, sondern transformativ und optimistisch. Unsere Zukunft wird nicht automatisch so oder so eintreffen. Wir können sie gestalten. Wir können die positiven Potenziale von Technologien realisieren, anstatt alte Problemkonstellationen weiter zu verschärfen. Dafür können wir heute gemeinsam Weichen stellen.