Philosophie und Ich

Welt entdecken

Zur Philosophie kam ich mit fünfzehn Jahren. Es war Sommer und ich das erste Mal in meinem Leben verliebt. Alles war aufregend, ich brannte darauf, die Welt zu entdecken. Entdecken, das hieß, mit Freunden um die Häuser zu ziehen, zu tanzen, das war der erste Kuss. Aber, das spürte ich in diesem Sommer, Welt zu entdecken, bedeutete für mich auch, still dazusitzen, nachzudenken, im Kopf und Herzen neue Räume aufzustoßen. Das erste Mal nannten mich Freunde einen Philosophen. Auch machte ich die Erfahrung, dass zu philosophieren nicht nur aufregend sein kann, sondern sogar orientierend und geradezu therapeutisch in schwierigeren Stunden. Manches hat sich seitdem geändert. Geblieben aus dieser Zeit sind neben vielen meiner Freunde die Liebe zur Philosophie, die Freude an neuen Perspektiven und die Erfahrung, dass Philosophie maßgeblich helfen kann, komplexe Zusammenhänge zu verstehen.

Im Gespräch auf Arte, 2017

Philosophie in und für Gesellschaft

Philosophie, auch als eine geistesgeschichtliche Tradition, in erster Linie aber als Art des Nachdenkens über Welt, ist heute wichtiger denn je. Denn auf zahlreichen kulturellen, ökonomischen und technologischen Gebieten erleben wir Umwälzungen von hoher Geschwindigkeit, Tragweite und Komplexität. Um darin Orientierung zu gewinnen, brauchen wir die Philosophie. Das gilt insbesondere deshalb, weil Umbrüche Grundsatzfragen aufwerfen. Und Grundsatzfragen sind immer auch philosophische Fragen. Weil dies aber selten explizit gemacht wird, bleibt der Diskurs auf diesen Feldern oft verkürzt. Das ist bedauerlich. Wenn wir Zukunft gestalten wollen, müssen wir uns heute dem Grundsätzlichen stellen.

Ich möchte Philosophie mitten in der Gesellschaft und für die Gesellschaft betreiben. Nach meinem abgeschlossenen Studium bin ich deshalb an ein angewandtes Forschungsinstitut gegangen, anstatt an der Universität zu arbeiten. Philosophische Bildung ist für mich unabdingbar. Aber ich möchte Fragestellungen aus dem öffentlichen, nicht aus dem akademischen Diskurs aufgreifen. Das erfordert fundierte Kenntnisse von gegenwärtigen Trends, von der Empirie und Materie, über die gesprochen wird. Daher bewege ich mich weder in disziplinären noch in theoretischen Grenzen. Ich habe transdisziplinär geforscht und in Unternehmen gearbeitet. Ich will nah dran sein an der Praxis und an verschiedenen Stakeholdern. In meine philosophische Arbeit integriere ich Aspekte der Ökonomik, Nachhaltigkeitsforschung, Science and Technology Studies, der Soziologie und Psychologie. Es ist mir wichtig, komplexe Zusammenhänge aus verschiedenen Perspektiven zu erschließen – und diese anschaulich zu machen. Dafür versuche ich eine Sprache zu finden. Und ich entwickle neue Formate, philosophiere auch in Workshops und online.

Im Gespräch auf Arte, 2016

Philosophie als Weg des Nachdenkens

Philosophie verstehe ich als eine transformative Disziplin, sie kann uns helfen, gesellschaftlichen Wandel erfolgreich zu gestalten. Dafür unterscheide ich zwischen Philosophie und Philosophiewissenschaft. Die Grenzen sind fließend. Aber wie es Literaten und Literaturwissenschaftler gibt, Künstler und Kunstwissenschaftler, so ist auch der Anspruch, Philosophie zu betreiben und der Anspruch, Philosophie zu erforschen, zumindest prinzipiell unterschiedlich. Mich interessiert die Welt, in der wir leben. Philosophie ist für mich ein Mittel, sie zu verstehen. Darum bin ich Philosoph.